Perspektiven schaffen durch Einkommen, Beschäftigung und Teilhabe

Im Zeitalter der Urbanisierung geraten ländliche Räume oftmals ins Hintertreffen oder werden als rückständige Gebiete im Vergleich zu städtischen Ballungszentren wahrgenommen. Wir fördern daher eine ganzheitliche ländliche Regionalentwicklung, unter Berücksichtigung der vielfachen natürlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Potenziale. Enge Stadt-Verflechtungen schaffen regionale Märkte, bauen Ungleichheit ab und stärken auch eine vielerorts schwache ländliche Identität. Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen ländliche Räume Perspektiven bieten, besonders für junge Generationen. Die SEWOH stellt sich daher die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und inklusive Entwicklung ländlicher Räume zu verbessern. Agrarökologische Ansätze öffnen den Blick für die Besonderheiten jedes Raumes und die daraus jeweils angepassten Strategien. Das kann Diversifizierung der Einkommensmöglichkeiten in der Landwirtschaft oder der Verarbeitung bedeuten, den Erhalt von Waldressourcen, die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, die Sicherung der Landrechte oder die Stärkung der kommunalen Politik. Afrika ist der jüngste Kontinent der Welt. Die Bevölkerung wächst weiter – und damit die Zahl der jungen Menschen, die eine Beschäftigung suchen. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft bietet eine Vielzahl an Arbeitsmöglichkeiten, Tendenz steigend. Das liegt unter anderem daran, dass sich die landwirtschaftliche Produktion in Afrika deutlich steigern muss, um die wachsende Bevölkerung ernähren zu können. Diese Notwendigkeit birgt ein enormes Potenzial für neue Arbeitsplätze in der landwirtschaftlichen Produktion und bestärkt die positive Wirkung des Sektors, sowohl für die Hungerbekämpfung als auch die Armutsreduzierung.

PROJEKT I NIGERIA

Sozialunternehmen verhilft Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zum Erfolg

Das im Jahr 2012 gegründete nigerianische Sozialunternehmen Babban Gona bietet ein Franchise-Modell an, das Unternehmen durch landwirtschaftliche Betriebsmittel, Wissen und Training, Finanzdienstleistungen und Marktzugang unterstützt. Die Maßnahmen ermöglichen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, ihre Erträge zu steigern, Kosten einzusparen und faire Preise für ihre Erträge zu erzielen. Babban Gona ist es gelungen, die angebotenen landwirtschaftlichen Geschäftsaktivitäten in hohem Maße zu automatisieren: Von der Rekrutierung über die Verteilung der Betriebsmittel (Saatgut, Dünger), der Lagerbestandsverwaltung bis hin zur Ernteerhebung. Die durch den Einsatz moderner Technologien verschlankten Geschäftsprozesse ermöglichen einen nachhaltigen Beschäftigungszuwachs bei der Zielgruppe der unterstützten Kleinbäuerinnen und Kleinbauern. Das bekannte Forbes Magazin betitelte Babban Gona als „eines der fünf innovativsten und einflussreichsten Sozialunternehmen“ – und ehrte damit die Unternehmensbilanz, bisher 70 000 Menschen den Zugang zu gesunder Nahrung ermöglicht zu haben.

WIRKUNG DER SEWOH I EINKOMMEN

Das Einkommen von mindestens 3.272.000 Haushalten wird sich um mindestens 20 % erhöhen.

PROJEKT I Indien

Foto Musane
Die Baumwollproduzentin Nandatai Musane präsentiert stolz ihre nachhaltige Baumwolle auf ihrem Feld in Shengaon im Bundesstaat Maharashtra, Indien.

Mehr Jobs mit nachhaltiger Baumwolle

In Indien schult die GIZ im Auftrag des BMZ in Kooperation mit der Better Cotton Initiative (BCI) insgesamt 140 000 Baumwollproduzierende zu nachhaltigen Anbaumethoden nach dem BCI-Standard. Mit den erlernten landwirtschaftlichen Praktiken schützen sie die Biodiversität der Regionen und sorgen dafür, dass mehr nachhaltige Baumwolle auf den nationalen und internationalen Markt gelangt. Nachhaltiger Anbau bedeutet aber auch, dass einige Produktionsschritte arbeitsintensiver werden. Deswegen benötigen die kleinbäuerlichen  Baumwollbetriebe zusätzliche Arbeitskräfte, um die nachhaltige Produktion langfristig umzusetzen. Bisher wurden durch die Umstellung auf nachhaltige Anbaumethoden bereits rund 10 300 neue Jobs geschaffen. Zusätzlich wurden mehr als 300 neue Trainer:innen ausgebildet, die die Baumwollproduzierenden der Region in nachhaltigen Anbaumethoden schulen. Diese Maßnahme ist nicht nur effektiv, sondern wirkt auch langfristig, da all die Arbeitskräfte auch in den folgenden Jahren benötigt werden, um die Produktion von nachhaltiger Baumwolle zu gewährleisten.

WIRKUNG DER SEWOH I BESCHÄFTIGUNG

Mindestens 465.000 Menschen werden im Bereich Beschäftigung unterstützt.

Das sind so viele Menschen, dass sie fast sechsmal das größte Fußballstadion Deutschlands, das Stadion in Dortmund, füllen würden.

KOOPERATION I DEVELOPPP.DE I MADAGASKAR I MCCORNICK

Gewinn auf beiden Seiten: Entwicklung durch Public-Private-Partnership

Das BMZ fördert mit dem Programm develoPPP.de das Engagement der Privatwirtschaft dort, wo unternehmerische Chancen und entwicklungspolitischer Handlungsbedarf zusammentreffen. Dafür stellt das BMZ Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern tätig werden wollen, finanzielle und fachliche Unterstützung zur Verfügung. Die Unternehmen kooperieren dabei stets mit einem der zwei öffentlichen Partner, die das Programm im Auftrag des BMZs umsetzen: Der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) oder der GIZ. Seit 2014 fördert die SEWOH gezielt Entwicklungspartnerschaften der GIZ, die das Potenzial haben, Innovationen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft von Entwicklungsländern voranzutreiben. Das Innovationspotenzial der Partnerschaft zwischen Institutionen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit und der Privatwirtschaft soll dazu beitragen, dass sich in ländlichen Gebieten die Armut reduziert und die Ernährungssituation verbessert wird.

Vanille macht Zukunft

Seit März 2019 kooperiert die SEWOH implementiert durch die GIZ in Madagakar mit dem Schweizer Gewürzhandelsunternehmen McCormick. Ziel der Partnerschaft ist es, die wirtschaftliche Eigenständigkeit von rund 4000 Vanillebäuerinnen und Vanillebauern im Distrikt Sambava in der Region Sava zu verbessern. Viele Produzierende können ihre Kleinbetriebe nicht nachhaltig und gewinnbringend bewirtschaften. Neben Berufsausbildungen fehlen auch Kranken- und Sozialversicherung. Durch die zunehmende Brandrodung verlieren Anbauböden an Qualität und die Produzent:innen sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, in extreme Armut zu geraten. Trotz pandemiebedingter Einschränkungen konnten bis März 2021 4000 Bäuerinnen und Bauern an einem Umweltbildungsprogramm teilnehmen und sind Mitglieder in einer Krankenversicherung geworden. Sie haben nun umfangreichen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen für sich und ihre Familien. Berater:innen wurden zu Trainer:innen für fachgerechten Vanilleanbau ausgebildet und eine erste Gruppe von 90 Produzierenden hat an einer betriebswirtschaftlichen Schulung teilgenommen. Zudem haben rund 1550 Produzent:innen eine Schulung für Kleintierhaltung absolviert, die ihnen vermittelt, wie sie ihr Einkommen diversifizieren und steigern können, und es wurden mehr als 70 gemeindebasierte Kreditgemeinschaften mit rund 1300 Mitgliedern gebildet, die den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten verbessern.

Ein Fonds für eine Welt ohne Hunger

Das Globale Programm für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit (Global Agriculture and Food Security Program, GAFSP) – wurde 2010 von den G20-Staaten als Reaktion auf die Nahrungsmittelpreiskrise 2008/09 ins Leben gerufen. Ziel des Programms ist es, globale Partnerschaften zu fördern und flexible multilaterale Finanzierungsmechanismen bereitzustellen, um Hunger, Mangelernährung und Armut in den ärmsten Ländern zu bekämpfen. Der Fonds bündelt Gebermittel, um sie über bestehende Organisationen an Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und Unternehmen weiterzuleiten. Entlang der gesamten landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette kann eine Vielzahl von Investitionsinstrumenten bereitgestellt und zur Stärkung widerstandsfähiger Agrar- und Ernährungssysteme eingesetzt werden. Die Gebermittel werden von der Weltbank verwaltet. Im Steuerungsgremium, dessen Vorsitz aktuell beim BMZ liegt, sind neben Gebern und Partnern auch landwirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten. So sind entwicklungspolitische, fachliche, regionale und lokale Expertise in den Steuerungs- und Entscheidungsprozessen des Programms verankert. Bis 2020 hat das GAFSP mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar an Zuschüssen, 330 Millionen US-Dollar für Investitionsprojekte und 13,2 Millionen US-Dollar zur Unterstützung von bäuerlichen Organisationen zur Verfügung gestellt. So konnte die Produktivität von 13 Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern verbessert und zusätzlich etwa 1,2 Millionen Menschen der Zugang zu einer gesünderen Ernährung ermöglicht werden. Für die Fortsetzung von GAFSP werden in den nächsten fünf Jahren 1,5 Milliarden US-Dollar benötigt. Im Rahmen der im Oktober 2020 gestarteten Wiederauffüllung des Fonds kündigte das BMZ an 200 Millionen Euro für das Programm bereitzustellen.

Ein besserer Zugang zu Betriebsmitteln und Finanzierung

Für eine starke Agrar- und Ernährungswirtschaft ist es notwendig, dass ländliche Unternehmer:innen – zum Beispiel Bäuerinnen und Bauern – besseren Zugang zu Betriebsmitteln und Finanzierung erhalten. Beides ist in ländlichen Gebieten, insbesondere in Afrika südlich der Sahara, oft nicht der Fall. Nur ein Bruchteil der Bäuerinnen und Bauern kann dort zum Beispiel einen Kredit erhalten, um in die Entwicklung ihrer Betriebe zu investieren. Auch fehlt es an Maschinen, mit denen sie ihre Arbeit effizienter bewältigen können. Die SEWOH fördert deshalb den Aufbau von Strukturen, die beides bieten.

WIRKUNG DER SEWOH I AGRARFINANZIERUNG

Mindestens 2.450.000 kleinbäuerlichen Betrieben und Agrarunternehmen wird Zugang zu Angeboten der Agrarfinanzierung ermöglicht.

Projekt I Benin

Genossenschaftliche Banken machen Bäuerinnen und Bauern reicher

In Benin finanziert die KfW mit Mitteln des BMZ die Genossenschaftsbank Faîtière des Caisses d‘Epargne et de Crédit Agricole Mutuel (FECECAM). FECECAM wiederum reicht diese Mittel überwiegend an Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Kleinst-, kleine und mittelständische Unternehmen in Form von Krediten weiter. Bereits über 215.000 Personen haben so Zugang zu Agrarfinanzierung erhalten. Ein Erfolg, der auch von einer wissenschaftlichen Untersuchung des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) bestätigt wird. Dieses stellt fest, dass das Jahreseinkommen der Kreditnehmer: innen durchschnittlich um circa 3000 Euro stieg – bei Frauen sogar deutlich stärker als bei Männern. Und die Zukunft ist vielversprechend: FECECAM plant, ihr Angebot zu digitalisieren und damit ihren Kund:innen noch kostengünstiger, schneller und bedarfsgerechter Spar- und Kreditprodukte bereitzustellen.

Bäuerliche Organisationen stärken

Entwicklung braucht gemeinsames Handeln: Damit ländliche Räume aufleben können, benötigt es eine gemeinsame Vision und das Engagement aller Teile der Gesellschaft. Die Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ stärkt deshalb gezielt Institutionen der Zivilgesellschaft, politische Strukturen und Privatwirtschaft und fördert deren Zusammenarbeit.
Eine wichtige Rolle spielen dabei bäuerliche Organisationen. Sie sind Anwalt, Sprachrohr und Dienstleister ihrer Mitglieder und vertreten die Interessen der ländlichen Bevölkerung gegenüber Politik, Wirtschaft und Handel. Die wirtschaftliche und politische Teilhabe ermöglicht den Menschen, ihre ländlichen Räume selbstbestimmter zu gestalten.

PROJEKT I ANDREAS HERMES AKADEMIE I DEUTSCHER BAUERNVERBAND I UGANDA

Jungbauernorganisationen gestalten ihre ländlichen Räume

Der ugandische nationale Bauernverband (Uganda National Farmers’ Federation, UNFFE) hat erkannt, dass junge Bäuerinnen und Bauern ihre Dörfer verlassen und in die Stadt ziehen. Dort erhoffen sie sich bessere Arbeitsaussichten als die körperlich anstrengende und oftmals wenig ertragreiche Arbeit in der Landwirtschaft. Um der jungen Landbevölkerung bessere Perspektiven zu bieten, gründete UNFFE einen eigenständigen Jugendverband, die Young Farmers’ Federation of Uganda (UNYFA). Begleitet und unterstützt wird der ugandische Bauernverband dabei von Partnern aus Deutschland, der Andreas Hermes Akademie und dem Deutschen Bauernverband. Seit ihrer Registrierung im Jahr 2017 ist UNYFA in 34 von 110 Distrikten des Landes mit gewählten Vertreter:innen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene aktiv. Fast 32.000 Bäuerinnen und Bauern sind mittlerweile Mitglied. Der Verband engagiert sich zu verschiedenen politischen Themen. Er informiert seine Mitglieder regelmäßig über Newsletter, ein eigenes Magazin und veranstaltete ein Jugendsymposium mit über 1000 Teilnehmenden. Darüber hinaus beteiligt sich UNYFA an einem internationalen Austausch junger Landwirt:innen zwischen Uganda und Deutschland. UNYFA kommt so ihrem Selbstverständnis nach, ein Verstärker der Stimme junger Bäuerinnen und Bauern zu sein und die Bedürfnisse und Interessen ihrer Mitglieder in der ugandischen Politik und darüber hinaus zu vertreten.

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